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Auf der Sprengisandur unter blitzender Sonne nach Hrauneyjar (10. Tag)

Routenverlauf
Straßen: 1 - 842 - F26 - 26
Stationen: (Reykjahlíð -) Goðafoss - Bárðardalur (Mıri) - Aldeyjarfoss - Hrafnabjargarfoss - Fjórðungsvatn - Nıidalur - Kistualda - Þórisvatn - Vatnsfellsstöð - Hrauneyjar
Gesamtkilometer: ca. 295
Straßenzustand: Ringstraßenteil Asphalt. Bárðardalur und eigentliche Sprengisandur-Route Schotter, teils kurvig und steil. Ab Kreuzung am Vatnsfellsstöð (26/F26) wieder Asphalt. Im Sprengisandur-Abschnitt etliche einfache und drei mittelschwere Furten, daher sicherlich ungeeignet für PKWs.

 


Eine kurze Nacht - kein Frühstück für den Toyota

Im Gästehaus Helluhraun in Reykjahlíð ist es warm und hell. Wir schlafen spät ein. Und stehen früh wieder auf. Das Frühstück ist sehr in Ordnung, allerdings recht umtriebig, weil der Frühstücksraum für die Bewohner aller Zimmer dient, und zu Eldá gehören immerhin 80 Betten, verteilt auf mehrere Häuser. Nach dem (Ein)packen ist es noch nicht einmal 9 Uhr, der Laden an der Tankstelle und die Tankstelle selbst haben also noch geschlossen. Wir brauchen Diesel, denn auf der Sprengisandur, die wir heute Richtung Süden fahren wollen, gibt es die nächste Tankstelle erst an unserem Zielort Hrauneyjar. Aber wir können auch noch am Goðafoss tanken, so weit reicht der Rest im Tank allemal. Also brechen wir ungetankt auf und nehmen die Ringstraße 1 nach Westen.

Die Sprengisandur-Route. Ein wenig Hintergrund

Die Sprengisandur-Route (auch Sprengisandsleið genannt) ist eine der klassischen und gleichzeitig eine der längsten und berühmtesten Nord-Süd-Routen durch das isländische Hochland. Früher, als man noch auf Pferde als Transportmittel angewiesen war, steckte sie noch weit mehr als heute voller Tücken. Stürme, plötzliche Wetterstürze bis hin zu eisiger Kälte und Schnee, vor allem aber die Versorgungssituation bedeuteten echte Herausforderungen für die Reisenden, denn auf dem größten Teil der Hochlandstrecke (durchschnittliche Höhe 700 bis 800 m), der von Lava- und Schlackefeldern gekennzeichnet ist, fanden die Tiere kein Futter. Ein altes Reiterlied ("Á Sprengisandi", mit deutscher Übersetzung hier) erzählt von den Geistervisionen und Sorgen eines einsamen Reiters. Der Name Sprengisandur deutet an, dass die angstvollen Reiter die weiten, menschenleeren und vegetationlosen Grundmoränenflächen möglichst schnell hinter sich bringen wollten, eben auf ihren Pferden durch den Sander sprengten. Erstmals mit einem Auto wurde die Sprengisandur 1933 gefahren.

Auch wenn sich der Verlauf der Strecke seither etwas verändert hat und die Piste in der Regel planiert wird: Wer sich mit einem Allrad-Fahrzeug aufmacht (und nur das ist wegen der zum Teil mehr als knietiefen Furten zu empfehlen), muss nach wie vor mit den Unbilden des Wetters rechnen. Wir hatten diesbezüglich Glück: Der 8. Juli war ein überaus sonniger Tag. Das ist schon deswegen sehr vorteilhaft, weil die langwierige Route wenig Abwechslung bietet und in erster Linie durch ihre fulminante Weitsicht auf die beidseitigen Gletscher Hofsjökull und Vatnajökull und auf die vor allem im südlichen Teil recht häufigen Seen besticht. Wer schlechtes Wetter hat, sieht von alledem leider gar nichts.

Wer die Sprengisandur-Route fahren will, sollte im Übrigen Zeit mitbringen. Wir haben für die knapp 300 Kilometer (bei nicht betont langsamer Fahrweise, aber vielen Stopps) etwa acht Stunden gebraucht - und sind wohlgemerkt nur bis Hrauneyjar und nicht bis zur Südküste gefahren (dafür ist in den 300 km die Anfahrt ab Reykjahlíð enthalten). Tankmöglichkeiten bestehen auf der eigentlichen Sprengisandur-Route Strecke nicht. Die letzte Tankstelle im Norden ist am Goðafoss, die erste im Süden in Hrauneyjar. Genau deswegen stand am Anfang unserer Fahrt auch ein ...

Kurzer Stopp am Goðafoss

Im Café am Goðafoss ist bereits ordentlich Betrieb. Sogar die ersten Busse sind schon da. Ich trinke noch ein Tässchen Kaffee für die üblichen 250 Kronen. Der Toyota bekommt für 10.000 Kronen ca. 50 Liter Diesel. Das reicht leicht bis Hrauneyjar.

Mit uns bricht einer der "Grader" auf - so heißen, wie ich soeben bei Wiki gelernt habe, die Baumaschinen, die in Island überall für die Pflege der geschotterten Straßen zuständig sind, "Grader", "Planierer", "Erd-" oder "Straßenhobel". Sie planieren den Schotter, wenn die Fahrrinnen zu tief ausgefahren sind, und sie schieben dabei größere Steine, die immer wieder auf der Straße liegen, an den Pistenrand.

Richtung Sprengisandur

Unweit vom Goðafoss zweigt die Straße 842 nach Süden zum Bárðardalur ab, an dessen Ende das Gehöft Mıri liegt. Das ist, wie das Straßenschild unmissverständlich anzeigt, zugleich die Zufahrt zur Sprengisandur-Route. Also biegen wir hier ab.

Heute morgen hatten wir 6 °C, jetzt etwa 8 °C. Hochnebel liegt flach über dem Land. Nach den Erfahrungen der letzten Tage dürfte der Taupunkt bei 10 bis 11 °C liegen. Es wird also noch etwas dauern, bis sich der Nebel lichtet. Aber während wir am Skjálfandafljót entlang fahren, steigen die Grade langsam Stufe um Stufe an.

So lange sie den Gehöften als Zufahrtsstraße dient (von denen viele mittlerweile einen recht verlassenen Eindruck machen) und die Nummer 842 trägt, bis kurz hinter Mıri also, ist die Schotterstrecke recht gut und breit - als wäre gerade erst ein "Grader" vor uns hergefahren. Mit dem kurvigen Aufstieg hinauf aufs Hádegisfjall unmittelbar hinter Mıri aber, dort, wo die F26 beginnt, wird sie steinig, eng und streckenweise recht kurvig. Den Einstieg in die Hochlandroute markiert der Parkplatz am ...

Aldeyjarfoss

Am Wasserfall Aldeyarfoss stürzt sich der Fluss Skjálfandafljót einige spektakuläre Meter in einen von wirr verschobenen, mächtigen Basaltsäulen flankierten Graben.

Dann geht es, den Skjálfandafljót und dahinter das Lavafeld Suðurárhraun immer zur Linken, geradewegs nach Süden. Auf der Anhöhe des Hádegisfjall öffnet sich im Westen der Blick hinüber zum See Íshólsvatn.

Hrafnabjargarfoss

Von hier aus sind es nur noch wenige Meter bis zum Hrafnabjargarfoss, wo sich wiederum der Skjálfandafljót in einer Vielzahl von Kaskaden gischtend über eine Stufe stürzt.

Sunshine over Sprengisandur

Die Temperatur steigt weiter. 10 °C. 11 °C. Langsam verzieht sich der Hochnebel. Noch wachsen Gräser und Moose am Pistenrand. Es wird ein blendend schöner (und noch ausgesprochen staubiger) Tag. Über den schwarzen Lavafeldern flirrt die Luft. Höchsttemperatur gegen Mittag: 24 °C.

Auch die Piste steigt ab dem Hrafnabjargarfoss stetig an, von etwa 330 Höhenmetern auf bis zu 800 m und mehr im zentralen Abschnitt der Sprengisandur.

Wir sind, wie die Fotos zeigen, weit und breit alleine unterwegs. Von großem Andrang auf der Sprengisandur kann jedenfalls nicht die Rede sein. Gegenverkehr erwarten wir ohnehin erst in einigen Stunden, etwa auf der Mitte der Route. Die Vegetation wird immer spärlicher

Im Südosten (oben) blinken in der Ferne die Gletscher des Dyngjujökull. Im Osten (unten) ragen Dyngjufjöll und Askja und ein wenig nördlich (= links) davon Herðubreið hinter dem Lavafeld Ódáðahraun auf.

Weiträumige Schlackefelder und großbrockige Lavafelder, durch die sich die Piste in einem Auf und Ab schlängeln muss, wechseln sich ab. Auf der Höhe des Fossgil, eines kleinen Nebenflusses des Skjálfandafljót, halten wir inmitten der sonnenwarmen Steinplatten eine kurze Rast.

Hier kommen uns auch die ersten Fahrzeuge aus südlicher Richtung entgegen: Zwei nagelneue Landrover Discovery brettern staubend nach Norden.

Auch die ersten, einfachen Furten sind zu überwinden. Ein einsamer Radfahrer holt sich beim Queren nasse Füße. Heute, bei dem Sonnenschein, ist das sicherlich kein großes Problem.

Die Kiðagilsá fließt eine Weile nahe parallel zur Piste. An ihr lässt sich studieren, warum Wasser Leben bedeutet. Leuchtendes Quellflurmoos säumt jede Verästelung des Flusses. Stufig geht das Blau des Wassers in das Leuchtgrün des Mooses und in das Anthrazit der Schlacke über.

Wir passieren den Abzweig der F881, die nach Westen, zum Laugafell, führt. Bald darauf liegt zur Linken bleiblau das Wasser des Sees Fjórðungsvatn unter sanft hingestrichenen Wolken und einem Kondensstreifen.

Halfway station: Der Abzweig der F752 zum Laugafell

Am Abzweig der F752 (wiederum zum Laugafell, von dem aus man wahlweise östlich auf der F821 bis Akureyri oder westlich auf der F752 ins Vesturdalur und weiter nach Varmahlíð fahren kann), an diesem Abzweig ist, wenn man ab dem Goðafoss rechnet, etwa die Hälfte unserer Tagesroute absolviert. Nach Hrauneyjar sind es aber noch immer 125 Kilometer. Es geht auf 13 Uhr zu.

Wir fahren geradewegs auf den Tungnafellsjökull zu. Kurz davor stößt von links, also aus Osten, die F910 zur Sprengisandur, die südliche Verbindung hinüber zu Askja und Vikursandur. Das Verlassen der Piste ist übrigens in Island nicht erlaubt, aber leider unumgänglich, wenn man einem großen Fahrzeug ausweichen muss, das einem entgegenkommt.

Nıidalur - Furten nach Anweisung

Bald nach der Wegkreuzung sehen wir in der Ferne die Hütte Nıidalur liegen. Es gibt dort keine Tankstelle, aber immerhin ein naheliegendes Flugfeld.

Schon von hier aus sehen wir, dass ein Fahrzeug in unserer Richtung die Jökuldalsá furten will, und dass ein Hüttenwart in grüner Warnweste mit einem langen Stock im Wasser herumstakt, offenkundig auf der Suche nach der besten Wasserpassage. Der Fluss ist mehrarmig und es heißt, dass sich an vielen quer zur Fahrtrichtung verlaufenden Rinnen immer wieder einmal Geländewagen und Wohnmobile mit wenig Bodenfreiheit festfahren. Der Hüttenwart weist uns an, in einem weiten linken Bogen durch die Furt zu fahren, die (dort) im Übrigen nicht sehr schwer ist. Aber alle Fahrer halten sich an die Anweisung - auch der Busfahrer, der nach uns in nördlicher Richtung durch die Furt fährt.

Hinter der Hütte ließe sich gut in der Sonne sitzen, aber es sind kaum Gäste da, und die schauen alle bei den Furtungen zu. Dafür freuen wir uns, in der Ferne den Hofsjökull wieder strahlen zu sehen, an dessen Westflanke wir vor einigen Tagen auf der Kjölur-Route in den isländischen Norden gefahren waren.

Wenige Kilometer weiter kommt noch einmal eine recht einfache Furt.

Kistualda

Etwa zwanzig Kilometer verläuft die Strecke jetzt in südwestlicher Richtung. Schotterig, eintönig - bis auf die Gletscher Hofsjökull und Vatnajökull, die uns in der Ferne begleiten. Dann erreicht man den Aussichtspunkt Kistualda (laut Karte 774 m, laut Beschilderung vor Ort 682 m), von dem aus man eine recht gute Rundumsicht hat.

Ein gutes Stück kann man mit dem Auto hinauffahren, den Rest geht man zu Fuß.

Blick vom Aussichtspunkt Kistualda in südwestlicher Richtung. Links der See Kvíslavatn, rechts der Hofsjökull, dazwischen ganz in der Ferne die Berge des Kerlingarfjöll - zu denen wir leider nicht gekommen sind.

An der Steinpyramide auf dem Gipfel der Kistualda erinnern zwei Schilder an Carol und Peter Sanders aus Großbritannien, "who loved each other and fell in love together with Iceland".

 

Weiter auf der Sprengisandur

Die Strecke wird nun zunehmend "wasserreich". Erst passiert man Kvíslavatn und Svartárlón im Westen, dann Þverölduvatn im Osten, dann Stóraverslón wieder im Westen. Dann schlängelt sich auch noch der Fluss Illugaverskvísl an die Piste von Osten heran. Mit den Gletschern im Hintergrund und dem nach wie vor tiefblauen Himmel ergeben sich faszinierende Farbklänge:

Der See Kvíslavatn vor dem Hofsjökull. Wo Wasser vorkommt, keimt auch die Vegetation auf. Im Quellflurmoos am Pistenrand finden wir das Arktische Weidenröschen, das es in ganz Europa nur in Island (dafür aber auch in Amerika) gibt.

Wenn sich dann von der Linken her der See Þórisvatn türkisgrün ins Bild drängt, ist die Hochlandquerung fast geschafft. Nicht weit hinter seinem südlichen Ende, bei Vatnsfellsstöð, wo ein Wasserkraftwerk Strom für Island erzeugt, beginnt wieder der Asphalt. Die restlichen 15 Kilometer bis Hrauneyjar sind nur noch ein Klacks.

Unterkommen im Hotel Háland (= Highland)

Kurz vor 17 Uhr, also rund acht Stunden nach unserem Aufbruch in Reykjahlíð, kommen wir in Hrauneyjar an. Was heißt hier "in": Hrauneyjar ist keine Ortschaft, sondern nicht viel mehr als eine Unterkunftshütte (das Highland Center) mit Tankstelle. Etwas abseits davon liegt das Hotel Highland (isl. Háland), in dem wir uns für zwei Nächte eingebucht haben - das einzige Hotel in ganz Island, das für sich beanspruchen kann, mitten im Hochland zu liegen.

Von außen eher unspektakulär, zeigt sich das Hotel innenarchitektonisch von der geschmackvoll modernen Sorte. Wir sind durch und durch staubig und nehmen uns als erstes die Dusche vor.

Der Frühstücksraum ist um diese Tageszeit leer, dafür sonnendurchflutet. Die Zimmer (unseres hat die Nummer 3) sind nicht groß, aber sehr dezent holzmöbliert. Auch das Essen kann sich sehr gut schmecken lassen. R wählt Chefsalat mit Huhn, anschließend Lachs mit Kartoffeln, außerdem eine Panna cotta. Ich entscheide mich für ein Carpaccio von Rentier und Papageientaucher, ein wunderbar geröstetes Stück Lamm, um das zwei Garnelenschwänze als Garnitüre schwänzeln, dazu geröstetes Gemüse sowie zwei Stangen grüner Spargel, zum Abschluss Vanilleeis mit Feigen, die in Cognac gelegen haben sollen, aber die Erinnerung daran ist schon etwas verblasst.

Interessehalber fahren wir am Abend noch hinunter zum Highland Center. Dabei wird uns schnell klar: Einkaufen ist nicht. Der nächste Supermarkt liegt rund 100 km entfernt in Selfoss. Wir werden also verpflegungsmäßig auf den "grünen Bus" in Landmannalaugar hoffen, wo wir morgen hinwollen.

 


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